Gleich in seiner Begrüßung verspricht er es: Heute kommt noch eine Königin! Es ist die Nachmittagsvorstellung von Märchen im Michel, zu der Hauptpastor Alexander Röder an diesem 13. Dezember in Hamburgs bekanntester Kirche begrüßt. Wie jedes Jahr stimmen sich hier rund 4000 Besucher mit zwei traditionellen Benefizveranstaltungen zugunsten des Vereins Hamburger Abendblatt auf Weihnachten ein – nachmittags die Kleinen, abends die Großen.

Das Warten auf die Lichterkönigin wird für keinen von ihnen lang, denn mehrere Lesungen und zwei Kinderchöre sorgen schon nachmittags für Trubel: „Die Jungs“ sind zum ersten Mal dabei. Zur Eröffnung lassen die 28 Sänger zwischen acht und 25 Jahren unter der Leitung von Jens Pape „Hört das Gloria“ erschallen. Ein mitreißender Einstieg, aber auch melancholisch („Silber und Gold“) und jazzig („Mary's boychild-Reggae“) kann die Gruppe.
Märchen im Michel: 4000 Besucher erleben weihnachtliche Benefiz-Show in Hamburg
Im Anschluss schickt Moderatorin und Ohnsorg-Schauspielerin Sandra Keck drei kleine „Engel“ in ihren weißen Gewändern mit Flügeln los, um die erste Vorleserin zum Rednerpult zu begleiten. Nach ihrem eindrucksvollen Vortrag resümiert Luna Claire Tallarek, Schülerin des Helene Lange-Gymnasiums und Gewinnerin des diesjährigen Vorlesewettbewerbs, lachend: „Ich war sehr aufgeregt, nach dem ersten Hänger ging es aber“.

Die Geschichte selbst stammt aus der Feder von Luise Schäfer, Fünftklässlerin des Emilie- Wüstenfeld-Gymnasiums, die sich beim Märchenschreibwettbewerb mit „Weihnachten – nie allein“ durchgesetzt hat. Ihre Protagonistin Ronja befreit die „Anderswelt“ vom Bann des bösen Zauberers mit ganz einfachen Mitteln: Mitgefühl und Umarmungen.

Quirlig geht es weiter mit den 63 „Alsterfröschen“, die, geleitet von Sigrid Henning, den Altarraum erobern. Sie begeistern das Publikum nicht nur mit Evergreens wie „Rudolph, the Red-Nosed-Reindeer“, „Jingle Bells“ und „In der Weihnachtsbäckerei“, sondern auch mit dem Einsatz von Weihnachtsfigur-Kochlöffeln, die fröhlich im Takt auf- und abtauchen.
Märchen im Michel: Am Abend herrscht fast ehrfurchtsvolle Stille
Und dann endlich ist es so weit, die Lucias, alias Latvian Voices, schreiten würdevoll singend nach vorn. Andächtig bestaunen die Zuschauer die Schönheit, die sich ihren Augen und Ohren bietet, als die Sängerinnen „Süßer die Glocken nie klingen“ intonieren.

Fast ehrfurchtsvolle Stille herrscht auch bei der Abendveranstaltung, als der Mädchenchor Hamburg sein erstes Stück von verschiedenen Stellen des Kirchenschiffs aus anstimmt. Glockenklar fusionieren die Stimmen über den Köpfen der Zuschauer. Ob bei „Oh du stille Zeit“, „Jubilate Deo“ oder dem rhythmischen „Carol of the bells“, – die 50 Mädchen und Frauen ziehen das Publikum unter Leitung von Gesa Werhahn mit ihrem kraftvollen und präzisen musikalischen Können in den Bann. Den Höhepunkt bildet ihre Version von „Hela Rotan“, einem indonesischen Volkslied, das die Überwindung von Meinungsverschiedenheiten thematisiert – von den Sängerinnen eindrucksvoll mit einem echten Tauziehen dargestellt.

Die Märchen bringen Abwechslung in das musikalische Geschehen im Michel
Auch der Neue Knabenchor Hamburg unter der Leitung von Jens Bauditz baut große Eindringlichkeit auf. Gerade wenn alle 40 Sänger über die Altersspanne von 8 und 44 Jahren hinweg in höchster Konzentration und stimmgewaltig Lieder wie „Es ist ein Ros entsprungen“ vortragen oder „Away in a manger“ mit mehrstimmigen Harmonien intonieren.

Abwechslung ins musikalische Geschehen, das bereichert wird von einem Trompeten-Solo von Ida Knospe, bringen die Lesungen von Hamburger Prominenten. Den Auftakt macht Hauptpastor Röder, dessen Märchen „Ich bremse auch mit Tieren“ dann auch das Publikum erheitert. Isabella Vértes-Schütter, ehemalige Intendantin des Ernst Deutsch Theaters, präsentiert mit „Der Weihnachtskarpfen“ eine Geschichte über einen jungen Tierschützer. Auch Luna Claire Tallarek liest ein zweites Mal vor. Schauspielerin Pheline Roggan trägt eine Astrid-Lindgren-Geschichte vor, in der ein Kuckuck aus der Uhr mit den Kindern gemeinsame Sache macht. Das fünfte Märchen kommt von Schauspieler Stephan Benson – einem Neuzugang bei Märchen im Michel. Es ist eine Janosch-Geschichte über die Freundschaft zwischen einem alten Mann und einem Bären.

Und die Lichter-Königinnen? Die sind auch am Abend zweimal dabei und berauschen mit ihrem engelsgleichen Gesang die Zuhörer, als sie zum Abschluss, gekrönt mit brennenden Kerzen auf dem Haupt und in den Händen, in die Kirche einziehen. Als sie im Altarraum angekommen „Angels we have heard on high“ anstimmen und der Mädchenchor von der Empore aus mit einstimmt, schwingt der ganze Michel. Nach dem Abschluss-Segen, zu dem die ganze Kirche aufsteht, singen dann alle gemeinsam „Oh du Fröhliche“.
Testsieger im Vergleich
Fröhlich ist auch der Vorstand des Hamburger Abendblatt hilft e.V. Sabine Tesche, erste Vorsitzende des Vereins, sagt: „Mit dem Erlös aus dieser Veranstaltung können wir erneut die Hamburger Märchentage fördern sowie zahlreiche Alleinerziehende. Das macht mich sehr glücklich.“ Vivian Hecker, zweite Vorsitzende, schließt an: „Glanz im Michel, glänzende Augen bei Groß und Klein und das alles für einen guten Zweck. Danke, Hamburg!“



