Bedürftige Senioren erhalten kostenfrei Tablets und Smartphones

1.7.2025
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Lesedauer:
7 Minuten. Von: Liv Sachisthal. Foto: © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Der erste Satz des Briefes brachte viele zum Staunen, manche sogar zum Zweifeln: „Sie erhalten ein kostenfreies Smartphone oder Tablet inklusive zweijährigem Mobilfunkvertrag und eine Schulung – und jetzt geht es los…“ Ganz unvorbereitet waren die Empfänger des Schreibens aber nicht, hatten die Seniorinnen und Senioren doch einige Wochen zuvor bei einem Telefonat mit dem Projekt „Kulturleben Hamburg e.V.“ Interesse an einem Schritt in die digitale Welt bekundet. Am 25. Juni fand nun der erste Einsteiger-Workshop in der Bücherhalle Winterhude statt, weitere folgen in anderen Stadtteilen.

Aufhänger für die Aktion ist das Projekt „netzFest“, mit dem Hamburger Abendblatt hilft e.V. und der Körber-Stiftung bedürftige und einsame Senioren über digitale Zugänge Kommunikation, Kontakt und Teilhabe ermöglichen wollen. Dazu stellen die Organisatoren mit einem Gesamtbudget von 20.000 Euro 100 Smartphones und Tablets zur Verfügung, die im Rahmen von Anwendungs-Schulungen herausgegeben werden. Jonathan Petzold, Programmleiter „Alter und Digitalisierung“ bei der Körber-Stiftung, begründet den Vorstoß mit den Worten: „Technologie kann viel zu einem selbstbestimmten und guten Leben im Alter beitragen. Sie ermöglicht Autonomie, Mobilität, soziale und gesellschaftliche Partizipation. Damit Menschen diese Vorteile wahrnehmen können, müssen sie Technologie erleben.“

Das Thema Videokonferenzen ist genauso Thema wie ein Handy für den Notfall

Für die ersten Teilnehmer ist dies ein spannendes Unterfangen. Mit neugierigen Mienen sitzen die fünf Senioren an den Tischen im Seminarraum der Bücherhalle Winterhude, die Smartphones und Tablets bereits vor sich ausgepackt. Rainer Buchholz, Ehrenamtlicher im Projekt, steht vorne und erklärt die Geräte und ihre Funktionen, ruhig, freundlich, Schritt für Schritt. Dabei sind die Interessenslagen der Teilnehmer ganz unterschiedlich: „Ich bin immer neidisch, wenn meine Nachbarin über ihr Handy neue Informationen aus dem Internet bekommt“, erläutert eine Besucherin ihre Motivation, während die nächste gerne ein Handy für den Notfall hätte. Das Thema Videokonferenzen kommt auf, genauso wie die Frage „Wie kann ich das Handy durch die Luft mit einem anderen Gerät verbinden?“

Ehrenamtliche schulen die Seniorinnen und Senioren im Umgang mit ihren gespendeten Geräten in der Bücherhalle Winterhude.© FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Da ist es äußerst hilfreich, dass drei weitere Freiwillige und eine Angestellte der Bücherhallen vor Ort sind, um mit den Senioren zwischendurch die praktische Umsetzung zu üben. Manchmal hallen Rufe durch den Raum, wenn Buchholz fortfahren will: „Halt, ich bin noch nicht so weit!“ oder auch: „Ich bin erschöpft!“ Von den Tasten an der Hardware, den Bildschirm-Einstellungen über WLAN und mobile Daten bis hin zur Änderung von Passwörtern und dem Download von Apps steht auch einiges an Stoff auf dem Plan.

Die Schulung ist für Teilnehmer ein Türöffner zur digitalen Welt

Am Ende ist das Fazit der Teilnehmer jedoch einhellig: Werner Rickert (72) resümiert: „Die Schulung hat meine Wissenslücken geschlossen. Jetzt bin ich voller Erwartung. Toll, dass sich die Initiative dafür engagiert, dass auch wir auf der Höhe der Zeit sein können mit den modernen Kommunikationsmitteln.“ Karin Jann (77) pflichtet ihm bei: „Ich möchte mich bedanken, dass man für alte Menschen sorgt und wir den Anschluss nicht ganz verpassen.“ Ute Plätzer (77), ergänzt: „Es ist wie ein Geschenk, dass ich neue Wege gehen kann. Ich freue mich darauf, auf dem Tablet zu lesen und alles andere auszuprobieren. Die Schulung ist für mich ein Türöffner.“

Vier weitere Einrichtungen haben sich an dem Projekt beteiligt

Für die erfolgreiche Umsetzung des Projekts hatten die Initiatoren vier weitere Einrichtungen an Bord geholt: KulturLeben Hamburg e.V. als Verein, der Menschen mit geringem Einkommen kostenfrei kulturelle Veranstaltungen vermittelt, stellt den Kontakt zu potenziellen Teilnehmenden her. Grundsätzlich müssen diese 63 Jahre oder älter sein und nicht oder wenig versiert in der Nutzung von Smartphones oder Tablets. Als schulende Projektpartner stehen das Albertinen Haus, die Hamburger Bücherhallen und das Hospital zum Heiligen Geist zur Verfügung. Alle drei bieten bereits Workshops für den Umgang mit Handy und Tablet für ältere Zielgruppen an und erweitern ihre Programme speziell für die „netzFest“-Teilnehmer.

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So können verschiedene Schulungen in Wohnortnähe für die Interessierten stattfinden, zum Beispiel in Winterhude, im Stadtzentrum und in Altona, weitere in Schnelsen und Poppenbüttel. „Unser Ziel ist es, die Hürden möglichst niedrig zu setzen, um älteren Menschen die Berührungsängste vor der Technik zu nehmen“, sagt Sabine Tesche, Vorsitzende des Abendblatt-Vereins. „Schließlich sollen die Geräte und das Anwendungswissen helfen, Menschen wieder mehr in den Kontakt mit ihrem Umfeld zu bringen und somit auch ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.“

Die Spende von 100 SIM-Karten ist eine Herzensangelegenheit von freenet

Damit auch der technische Angang niedrigschwellig gehalten wird, wurden die Geräte vor der Ausgabe schon geladen und voreingerichtet. Neben WhatsApp, einem Google-Konto und verschiedenen Bookmarks für weitere Digitalschulungen finden die frisch gebackenen User ein einjähriges E-Paper-Abo für das Hamburger Abendblatt vor. Christian Siebert, Geschäftsführer der Funke Medien GmbH Hamburg, sagt: „Als Hamburger Abendblatt sehen wir es als unsere Aufgabe, Menschen in unserer Stadt über alle Generationen hinweg zu informieren. Gerade ältere Menschen dürfen nicht den Anschluss an unsere digitale Gesellschaft verlieren. Deshalb unterstützen wir dieses Projekt mit großer Überzeugung – und freuen uns, mit 100 kostenfreien E-Paper-Abos einen Beitrag zur digitalen Teilhabe zu leisten.“

Dass die Geräte überhaupt internetfähig sind, liegt an der großzügigen Beteiligung des Mobilfunkanbieters freenet, der kostenfrei 100 SIM-Karten für zwei Jahre zur Verfügung stellt. „Digitale Teilhabe ist mehr und mehr der Schlüssel zur aktiven Teilnahme an der Gesellschaft“, begründet Nicole Engenhardt-Gillé, Vorstand Personal und ESG (CHRO) bei freenet, das Engagement der Firma. „Als größter unabhängiger Mobilfunkanbieter mit Sitz in Hamburg ist die Förderung dieser Senioren in der Hansestadt eine echte Herzensangelegenheit für uns.“

Nicole Engenhardt-Gillé ist Personal-Vorstand beim Mobilfunkanbieter freenet.
Die Firma spendete 100 SIM-Karten.
Foto: © freenet | Freenet

Hier gibt es noch weitere kostenfreie Smartphones und Tablets

Aktuell stehen noch vorinstallierte Geräte zur Verfügung. Einrichtungen, die finanziell bedürftige Senioren mit Smartphones oder Tablets ausstatten möchten und selbst Schulungen durchführen, können eine E-Mail senden an: mensch@abendblatt.de